Aktuelles

Es braucht flexible Arbeitszeitmodelle

8. März 2022

Beschreibung:

"Wir können es uns nicht leisten, auf die Expertise und das Know-how der Frauen in der Gesellschaft zu verzichten". 

Larissa Teichmann, Wirtschaftsjuniorin

Weltfrauentag - Wirtschaftsjuniorin Larissa Teichmann über Beruf und Familie

Offenbach – Larissa Teichmann ist Mitglied der Wirtschaftsjunioren Offenbach, war 2020 deren Präsidentin und engagiert sich vor allem für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die 30-Jährige ist Prokuristin im mittelständischen Familienunternehmen Schoder GmbH in Langen, das sich auf Metallverarbeitung spezialisiert hat. Neben Ihrem Engagement für die Wirtschaftsjunioren ist sie im Expertenrat Bildung und Fachkräfte bei der Industrie- und Handelskammer Offenbach für Fachkräftesicherung und -nachwuchs aktiv.

Frau Teichmann, warum ist der Weltfrauentag Ihrer Meinung nach noch immer so wichtig?

Der Weltfrauentag setzt ein wichtiges Zeichen. Im Familienalltag sind Frauen trotz Berufstätigkeit in vielen Fällen noch immer die Hauptverantwortlichen für Haushalt und Kinder. Diese Zusatzbelastung wird in der Arbeitswelt allerdings kaum berücksichtigt. Genau hier entsteht häufig eine ungleiche Lastenverteilung.

Sie selbst sind erfolgreich im Job, arbeiten in einer Führungsposition und haben Familie. Mit welchen Herausforderungen hatten und haben Sie zu kämpfen?

Das ist für mich ganz klar der Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Elternzeit. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich keinen Nachteil gespürt. Nach der Geburt unserer Tochter habe ich nach einer kurzen Elternzeit von acht Wochen wieder im Betrieb angefangen. Denn für mich war ganz klar: Ich möchte so schnell wie möglich zurück ins Berufsleben. Gefehlt haben mir dabei passende Rahmenbedingungen, die das so zulassen, insbesondere mit Blick auf die Betreuungssituation.

Bedeutet konkret?

Herausfordernd ist hier vor allem, dass in unerwarteten Situationen, wie einem kurzfristig kranken Kind, spontan eine andere Betreuungssituation gefunden werden muss. In aller Regel wird dann selbstverständlich erwartet, dass man als Mutter kurzfristig einspringt. Das sollte aber nicht damit einhergehen im Beruf zurückzutreten zu müssen. Dafür braucht es flexible Lösungen und Arbeitszeitmodelle, angepasst an die individuelle Situation.

An welchen Stellschrauben müssen Politik und Arbeitgeber drehen, um die Situation für Frauen zu verbessern?

Ich kenne viele junge Mütter, die gerne früher ins Berufsleben einsteigen wollen, nicht jede Frau möchte ein ganzes Jahr Elternzeit nehmen. Aber die Betreuungssituation der Kinder lässt es nicht zu - die Plätze sind zeitlich zu kurz verfügbar, zu teuer oder nicht erreichbar. Das schafft ein Ungleichgewicht, das untragbar ist. Eine verlässliche und gute Betreuung für unsere Kleinsten - und das ganztags – schafft eine reale Gleichberechtigung. Hier sollte die Politik schnell reagieren! Betreuungsplätze sollten für alle Kinder von null bis 14 Jahren flächendeckend ausgebaut werden, die Öffnungszeiten der Einrichtungen müssen erweitert werden.
Dabei rückt der demografische Wandel das Potenzial von Frauen noch stärker in den Blick. Auch als Unternehmerin plädiere ich daher dafür, Frauen besser in den Berufsalltag zu integrieren. Wir können es uns nicht leisten, auf die Expertise und das Know-how der Frauen in der Gesellschaft zu verzichten.

 

Das Interview führte Lena Jochum

Quelle: Langener-Zeitung vom 08.03.2022, Seite 13

zurück